Bitte die Überschrift laut vorlesen!
Wie habt ihr das Doppel-s ausgesprochen? Stimmlos (wie in Wasser) oder stimmhaft (wie in sausen)?
Im Grunde ist die Sache klar: es ist ein doppeltes s, und das signalisiert: dieses s wird stimmlos ausgesprochen. Es hat sich aber eine Unsitte eingeschlichen: immer öfter hört man auch von Journalisten „Diskusion“; auch „Regisör“ ist mir schon mehrfach ins Ohr gefallen (gibt es für „ins Auge fallen“ eigentlich einen entsprechenden akustischen Ausdruck?). Außerdem „agresiv“ (das macht einen geradezu aggressiv, das zu hören) oder, inzwischen aus der Zeit gefallen, „Kasette“ (klingt wie „kleines Haus“ auf Italienisch: „casetta“ – soll aber „Kassette“: „kleiner Kasten“ u.a. bedeuten).
Warum sagt man das? Man sagt ja auch nicht „Waser“ (mit kurzem a) oder „fresen“ (mit kurzem e). Bei Regisseur kann ich noch argumentieren, dass drumherum lauter stimmhafte Konsonanten sind: zweimal r und ein stimmhaftes sch, das es im (Hoch)Deutschen ja gar nicht gibt. Aber bei Diskussion? Ein stimmloses s und ein k davor – daran kann es also auch nicht liegen. Allerdings sind beides Fremdwörter; Wasser und fressen hingegen nicht.
Vielleicht isses das? Und hier würde ich das Doppel-S auch stimmhaft aussprechen: ises mit kurzem i. Das ist allerdings kein richtiges Hochdeutsch mehr, sondern Umgangssprache. Und in den Dialekten ist sowieso alles Mögliche erlaubt. Im (Rhein)Hessischen zum Beispiel sagt man eben nicht „hessisch“, sondern „hesisch“ – das lässt sich schriftlich gar nicht wiedergeben, weil das e sonst lang ausgesprochen würde: „heesisch“. Oder die Meenzer Fassenacht – sss, sss, sss – so wie eine Mücke sirrt …
Im Englischen gibt es da auch Fallstricke, zum Beispiel werden gern die Wörter „desert“ und „dessert“ durcheinandergeworfen. Da wird in beiden Fällen das „s“ stimmhaft ausgesprochen; der Unterschied liegt in der Betonung: „desert“ mit Betonung auf der ersten Silbe bedeutet „Wüste“ oder „verlassen“, „dessert“, auf der zweiten Silbe betont, „Nachtisch“ (was im Deutschen fast genauso ausgesprochen wird, aber mit stimmlosem s (wie auch im Französischen, wo das Wort herkommt). Und so weiter …
Der umgekehrte Fall ist mir übrigens auch schon untergekommen: „Provission“ statt „Provision“ – vielleicht in Analogie zu „Profession“? Rätsel über Rätsel. Und es gibt ja auch den gemeinen Spruch: „Fremdwörter sind Glücksache …“, aber da sitzt man schnell mal im Glashaus 🙂
Nachtrag: Da man mit den vielen verschiedenen „s“ in diesem Text leicht durcheinanderkommen kann, gibt es hier nochmal eine akustische Version: