Schreckliche Katastrophen

Manchmal soll ich meinen Twitternamen erläutern. Der ist unter Marketing-Gesichtspunkten eine Katastrophe – zu lang, erklärungsbedürftig, englisch – also so geht’s gar nicht.

Aber ist er wirklich eine Katastrophe? Ist er nicht vielleicht einfach ungünstig? Was ist denn eine Katastrophe? Ein furchtbares Unglück: ein Tsunami, eine Feuersbrunst, ein Orkan; nicht umsonst heißt es „Naturkatastrophe“. Oder ein Unfall mit Toten, ein Flugzeugabsturz oder oder … Das Wort „Katastrophe“ und seine übertreibenden Verwandten werden ohne nachzudenken viel zu häufig verwendet.

„Was, du hast im Stau gestanden und bist zu spät zur Arbeit gekommen? Wie schrecklich!“ Nein, das ist nicht schrecklich, höchstens unangenehm oder vielleicht ärgerlich. Wenn man deshalb seinen Job verliert, natürlich mehr als das, aber dann sollte man möglicherweise über die Wahl des Verkehrsmittels oder seine Zeitplanung nachdenken.

Zu der Familie der übertreibenden Wörter gehören auch zum Beispiel Drama, Fiasko, Pleite oder furchtbar, skandalös, entsetzlich und natürlich das unvergessliche „brutalstmöglich“. Hier fällt es schwer, nicht „schauderhaft, grässlich, infam“ zu sagen oder zu denken …

Gerade angesichts dessen, was auf der Welt passiert, sollten wir unsere Worte umsichtig und differenziert wählen. Wählen – und nicht einfach unbedacht Katastrophenmeldungen rausposaunen. Und wenn mal ein ungeschickter Twittername dabei ist – was soll’s …

Diakritische Zeichen …

… sind keine Zeichen, die sich missbilligend mit einer veralteten Bilder-Zeige-Technik auseinandersetzen – es handelt sich vielmehr um diese kleinen Punkte, Strichlein, Häkchen und so weiter, die manchmal lateinische Buchstaben schmücken und sie (für uns) „exotisch“ aussehen lassen.

Mit dem lateinischen Alphabet werden die meisten europäischen und noch einige andere Sprachen geschrieben. In all diesen Sprachen gibt es Laute, die nur dort vorkommen – vor allem solche, die es vermutlich im Lateinischen nicht gab. Daher hat das lateinische Alphabet auch keine Buchstaben dafür.

Deutsch, Englisch

Wenn wir in der Grundschule schreiben lernen, gehen wir ja davon aus, dass „unsere“ Buchstaben die „richtigen“ seien und überall vorkommen. Deshalb fangen wir schon an, uns zu wundern, wenn „sch“ (was ja strenggenommen drei Buchstaben sind, die aber einen Laut wiedergeben) im Englischen „sh“ geschrieben wird. Wenn man es ganz genau nimmt, werden deutsch „sch“ und Englisch „sh“ auch nicht exakt gleich ausgesprochen. Solche Unterschiede machen dann unter anderem den Akzent aus, wenn die jeweiligen Nicht-Muttersprachler sprechen.

Französisch

Wenn dann Französisch drankommt, sieht die Sache schon anders aus. Da gibt es zwei Arten von Strichlein: élève, ein kleines Dach: tête, einen waagerechten Doppelpunkt: Anaïs, und ein Häkchen: ça. Warum?

Weil sich dadurch die Aussprache ändert. é klingt wie das E in Esel, è wie das Ä in Ähre, ê genauso (warum gibt es dann für diesen Laut zwei Zeichen? Darüber schreibe ich später mal). Das ï in Anaïs besagt, dass „a i“ tatsächlich wie a und i, also getrennt ausgesprochen werden (die gleiche Funktion hat es bei einer bekannten Automarke, die ich in Deutschland schon als „Zitrön“ gehört habe ;-)). Und das Häkchen beim ç – es heißt Cédille – bedeutet, dass das c nicht wie sonst üblich k ausgesprochen wird, wenn danach ein a steht (so wie zum Beispiel in „Calais“, gesprochen „Kalä“ mit Betonung auf der zweiten Silbe). Es bedeutet nämlich stattdessen, dass die Kombination von c und a in ça wie „ßa“ ausgesprochen wird, also mit stimmlosem s.

Spanisch, Portugiesisch

Das nur als Beispiele. Fast jede Sprache, die mit dem lateinischen Alphabet geschrieben wird, hat ihre eigenen diakritischen Zeichen (Englisch übrigens nicht). Im Spanischen gibt es zum Beispiel die Tilde ~, eine kleine Welle über dem Buchstaben n wie in niño – das kennt man von dem Wetterphänomen El Niño. Im Portugiesischen gibt es die Tilde auch, aber da hat sie eine andere Funktion. Sie wird über a oder o geschrieben, so dass der Vokal sozusagen näselnd ausgesprochen wird: mão (bedeutet „Hand“ und klingt ein bisschen wie der Laut einer Katze).

Tschechisch, Dänisch, Polnisch

Für manche bekannt ist der Hatschek. Das ist die eingedeutschte Schreibweise; in der tschechischen Bezeichnung ist das Zeichen direkt drin: Háček. Kater Mikesch zum Beispiel heißt auf Tschechisch „Kocour Mikeš“.

Und vielen bekannt ist sicher der Schrägstrich wie im dänischen ø: øl für „Bier“. Im Polnischen gibt es diesen Schrägstrich auch, aber er ist durchs l und bewirkt, dass das l (heutzutage) wie das englische „w“ ausgesprochen wird. Die Älteren werden sich noch an Lech Wałęsa erinnern, mit dessen Namen die Nachrichtensprecher:innen anfangs so viele Probleme hatten. Und in dem Namen sehen wir unter dem e noch ein Häkchen, das einer Cédille ähnlich sieht, aber Ogonek heißt. Das Ogonek bewirkt, dass das e so ähnlich wie im Französischen „en“ ausgesprochen wird, also näselnd. Aber auch nur ungefähr.

Rumänisch, Türkisch

Es gibt auch Häkchen im Rumänischen und im Türkischen: ș und ş. Sie sehen fast gleich aus und werden auch praktisch gleich ausgesprochen, nämlich „sch“. Tatsächlich ist aber das rumänische Häkchen ein Komma unter dem s (übrigens auch unter dem t: ț, dann wird das t wie ts gesprochen). Das Häkchen unter dem s im Türkischen hingegen ist wie die französische Cédille, unterscheidet sich aber vom polnischen Häkchen, das andersherum offen ist. Und so weiter und so fort …

Das sind nur einige Beispiele, und sie zeigen auch, dass dasselbe Zeichen in verschiedenen Sprachen verschiedene Funktionen haben kann.

Und nochmal Deutsch

Jetzt werfen wir noch mal einen Blick aufs Deutsche. Wenn wir uns das ABC genau ansehen, merken wir, dass vier Buchstaben fehlen: ä, ö, ü und ß. Das Deutsche hat also auch diakritische Zeichen, auch wenn es uns vielleicht nicht so vorkommt. Die ersten drei tragen obendrüber zwei Punkte nebeneinander (sieht genauso aus wie ein Trema, ist aber keines – wer es genauer wissen will, lese z.B. bei Wikipedia nach). Aber ß ist ja ein einzelner Buchstabe und hat kein extra diakritisches Zeichen. Es ist nämlich eine Ligatur. Dazu aber ein andermal.

Ach ja, übrigens: der Begriff „diakritisch“ kommt aus dem Griechischen: diakritikós (διακριτικός) – zur Unterscheidung dienend; also zum Beispiel dazu da, die Länge eines Lautes oder die Betonung oder den Wechsel von k zu s anzuzeigen. Auch im Griechischen gibt es diakritische Zeichen, aber dieses Fass machen wir jetzt nicht auf, wo noch nicht mal das lateinische Fass leer geworden ist.

#DGSVO – oder #DSGVO – oder was?

#DGSVO war 2018 ein beliebter Hashtag. Das war aber keine Abkürzung für Deutsche Gebärdensprache-Verordnung (die gibt es unter dieser Bezeichnung nämlich nicht), sondern ein Buchstabendreher für DSGVO. Aber DGS ist zumindest für mich (und viele andere) eine so vertraute Buchstabenfolge, dass sich das automatisch ergab.

Beim A-Tag 2018 in Wien, einer immer wieder sehr interessanten Tagung zum Thema Barrierefreiheit (bzw. Accessibility, daher „A-Tag“) in den Medien, gab es einen Vortrag über ein neues Projekt für die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS), nämlich ÖGSplus. Das ist, grob gesprochen, das Pendant zu Leichter Sprache (in Österreich auch Leicht(er) Lesen genannt) in der geschriebenen Sprache. (Leichte Sprache ist übrigens nicht dasselbe wie Einfache Sprache, aber dazu ein andermal.)

Da die Grammatik der Gebärdensprache auf anderen Prinzipien basiert als die der gesprochenen Sprache, sind auch die Regeln andere, aber die Leitlinie ist dieselbe: leicht verständliche Sprache verwenden (also nicht wie ich in diesem Blogbeitrag), so dass auch Menschen, die die jeweilige Sprache nicht perfekt beherrschen, die Inhalte verstehen können. Das können Menschen mit kognitiven Einschränkungen sein, Menschen mit einer anderen Muttersprache, müde Menschen …

In anderen Gebärdensprachen gibt es so etwas noch nicht – jedenfalls soweit wir wissen. In Frankfurt am Main wird zwar an einigen Schulen das Konzept der Bildergebärden eingesetzt. Dieses Konzept ist aber etwas anders, weil es zum Teil auch auf der Lautsprache basiert, denn die Kinder sind größtenteils hörgeschädigt, aber nicht gehörlos.

Es gibt also verschiedenste Arten und Weisen, mit Laut- und Gebärdensprache umzugehen – wesentlich ist dabei die Zielgruppe. Und die besteht aus Menschen – man sollte nicht vergessen, dass Kommunikation das Ziel der meisten Sprachäußerungen ist.

Ganz exklusiv – nur für dich!

„Exklusiv“ – dieser Begriff ruft viele Assoziationen hervor: edel, teuer, besonders, erlesen, wertvoll … Wenn er in Ausdrücken vorkommt wie „exklusiver Club“ oder „exklusiv für unsere Mitglieder“, suggeriert er den Angesprochenen: „Ihr gehört dazu!“ Er sagt aber genau das Gegenteil: „Ihr gehört nicht dazu!“, und mit „ihr“ sind in diesem Fall nicht die Angesprochenen gemeint. Wörtlich bedeutet „exklusiv“ nämlich „ausschließend“. Es kommt vom lateinischen „excludere“ (absondern): „ex“ bedeutet aus und „claudere“ schließen.

Das eigentliche Gegenteil von exklusiv ist aber inklusiv: alle werden mit einbezogen, egal worein. „Inklusion“ ist inzwischen der gängige Begriff für gleichberechtigte Teilhabe von behinderten und nichtbehinderten Menschen, „inklusiv“ das Adjektiv dazu. Und dieser Begriff suggeriert und sagt dasselbe, hat also keine heimlichen Hinterbedeutungen.

Oben habe ich geschrieben: der Begriff „exklusiv“ ruft viele Assoziationen hervor. Ich hätte auch schreiben können: ruft positive oder angenehme Assoziationen hervor. Aber das sind sie eben nicht für alle, eigentlich nicht einmal für die meisten.

Begründungen

Seit Jahren schon frage ich mich, von woher eigentlich der Ausdruck „von daher“ kommt. Denn man kann beides ohne weiteres ohne „von“ verwenden: woher kommt dieser Ausdruck? Daher verstehe ich nicht, warum man eine zusätzliche Silbe braucht – sprachökonomisch ist das sogar kontraproduktiv. Oder, einfacher gesagt: zwei Silben kann man schneller aussprechen als drei; das heißt, man braucht mehr Zeit, um dasselbe zu sagen.

OK, „daher“ im Sinne von „deshalb“ ist eine andere Stilbebene; in der Umgangssprache benutzt das niemand. Aber „deshalb“ ist doch ein prima Wort und hat eine Silbe weniger als „von daher“, ist also kürzer und daher sprachökonomisch sinnvoller. Außerdem gibt es noch viele andere Ausdrücke, die allerdings allesamt eher schriftlich gebraucht werden: zum Beispiel „aus diesem Grund“, „demzufolge“, „aufgrund dessen“, aber auch „deswegen“ (was im Dialekt gern zu etwas wie „desdewegen“ – hessisch und sächsisch mit verschiedener Aussprache – wird). Der Duden übrigens führt den Ausdruck interessanterweise unter „Wendungen, Redensarten, Sprichwörter“ auf.

Aber „von daher“? Das habe ich sogar eine akademisch gebildete Kollegin sagen hören, und auch im Duden steht es schon drin. Oder sogar „von dem her“? Gern von Fußballern benutzt, warum auch immer. Warum nicht gleich „von demdewegen“? Dann wäre der Genitiv („des“) nämlich nicht mehr drin – vielleicht ist das der tiefere Grund. Dazu kann man nur noch sagen: „Rettet dem Genitiv!“